Von Galway über die Insel Inishmore, haben wir an die Landschaft von Connemara unser Herz verloren, folgten der Küste und etlichen spiegelglatten Loughs, rollten über Nebenstrassen an Torfabbaustätten vorbei bis hinauf nach Sligo, wendeten unsere Lenker südwärts, zwischen Hecken und an weiteren Loughs vorbei wieder in Richtung Dublin.

 

Informationen zur Tour und zu unseren Erfahrungen zum Radfahren in Irland findest du zuunterst.

Windy Galway

Nach einer kurzen Akklimatisation in Dublin und einem Abend im Pub steigen wir mit den Fahrrädern in den Zug nach Galway. Vor dem Fenster ziehen grosse Weiden mit Steinmauern und Hecken vorbei, Regen zieht Schlieren auf die Scheiben.

Galway begrüsst uns mit Wind und Regen. Ist es wirklich Mitte Juni? Wir werfen unter dem Vordach einer Baustelle die Regenklamotten über und suchen unseren Weg durch die Strassen - Linksverkehr, inklusive Kreisverkehr und schlechter Sicht, alle Sinne fokussiert, nur kein Fehler.

Am Strand trotzen einige wenige Menschen in langen, warmen Mänteln mit beschwerten Säumen dem Wind, der freilaufende Hund kämpft mit der Naturgewalt. Auf dem Camping stellen wir im Schutz einer Hecke auf, über die hinaus man aufs Meer sieht.

Übernachten bei Warmshowers

Zunächst führt uns der Weg nach Süden. Häuser, wie auf Legoplatten hingepflanzt, dahinter eine Schaukel und eine Rutschbahn, alles auf grünem kurz gemähtem Gras. Keine Anzeichen von Leben, nichts liegt herum. Wo pinkeln? Die Hecken und Steinmauern sind lückenlos, hinter Gattern nähern sich neugierige Rinder. Kaffee im Coole Park, hier lebte Lady Gregory, die zusammen mit Edward Martyn und dem Literaturnobelpreisträger William Butler Yeats das Abbey Theatre gründete. 

Wir wollen auf die Insel Inishmore, doch weil die Strecke zu weit ist für uns, haben wir uns bei einem Warmshower-Paar für die Nacht angemeldet. Das Netzwerk von Radfahrenden für Radfahrende haben wir auf unserer Europa-Radreise 2019/2020 oft genutzt und sehr gute Erfahrungen gemacht. So auch heute: Zwischen Gemüsebeeten und einem Folientunnel dürfen wir unser Zelt aufstellen, uns danach an den gedeckten Tisch setzen und nach einer Dusche in unseren Schlafsäcken verschwinden. Fühlt euch wie zu Hause!

The Burrens

Am Horizont baut sich der Berg Mullaghmore auf, wir sind im Nationalpark The Burrens. Kommt Verkehr, drängen wir uns ins Strassenrandgrün. Ein Farn streift drei Tropfen an meiner Wange ab. Mittagessen in Kilinaboy bei der Kirche. Der seltsame englische Name deutet jedoch nicht auf einen Kindsmord hin, sondern bildet offensichtlich nur die irischen Laute ab. Eine Frau fragt, ob sie ein Foto von uns machen dürfe. Die Community hat die Bank, auf der wir sitzen, aufgestellt und möchte nun Beweise dafür, dass sie auch benutzt werde. Kaffee und endlich ein Klo im Visitor Centre des Nationalparks. 

Im späten Licht des Nachmittags schaffen wir den letzten Anstieg und rollen mehrere Kilometer nach Doolin runter, ans Meer. In der Ferne glänzen die Inseln.

Inishmore

Am nächsten Morgen bringt uns eine kleine Fähre auf die grösste der drei Aran-Inseln, Inishmore. Auf dem Boot ist es dicht gedrängt und zugig und so sehen wir leider nichts von den Delfinen an Steuerbord. Ausser uns werden alle bei der Ankunft von Radverleihern belästigt - für einen Return Trip darf man keine Räder mitnehmen. Wir durften, weil wir von Inishmore weiterreisen.

Bei einem Spaziergang sehen wir, dass praktisch die gesamte Insel von einem Geflecht aus Steinmauern überzogen ist, die zum Teil winzige Weiden voneinander abtrennen. Offenbar trafen die ersten Siedler*innen hier praktisch keine Humusauflage auf dem Kalkstein an. In jahrhundertelanger mühseliger Arbeit bauten sie mit Seetang und Sand Boden auf. Er ernährte sie mit Gemüse und Kartoffeln und mit der Zeit immer mehr Nutztiere mit Gras, die mit ihrem Dung ebenfalls wertvolle organische Substanz lieferten. Die Steinmauern friedeten nicht nur die Weiden ein, sondern hielten auch den Wind davon ab, den mühselig gewonnenen Boden davonzutragen. Heute leben auf den drei Inseln noch etwa 1300 Menschen. Die Gegend gehört zum Gaeltacht, also der Region, in der die Regierung die irische Sprache als hauptsächliche Sprache auf allen Ebenen anerkannt.

Connemara, mein Herz

Die Fähre bringt uns nach Rossaveel, wo wir im Pub erstmal ein Veggie Irish Breakfast bekommen. Dann folgen wir dem Eurovelo 1, biegen von der Hauptstrasse ab und um uns herum öffnet sich eine unglaubliche Landschaft: Der niedrige Bewuchs breitet sich bis zu den kargen Hügeln in der Ferne aus, durchsetzt von Wasserflächen, moorigen Stellen, neben denen Torfstücke zum Trocknen liegen, dann und wann ein leuchtend grüner Fingerhut oder ein Büschel Heidekraut zwischen den Grau-, Grün- und Brauntönen; meine Seele atmet auf. In solchen Landschaften ist sie zu hause. Meine Füsse möchten durch die Weiten streifen, den Hügeln entgegen, meine Hände in den brackigen braunen Tümpeln Wasser fassen, mein Rücken sich in einer Pause an einen Büschel groben Sauergrases lehnen... hach...

Meine Augen saugen sich an den Farben und dem Raum fest, obwohl ich innerlich vor Eindrücken überquelle, können sie nicht losbalssen. Mehrmals holpere ich in ein Schlagloch, weil sich mein Kopf hierhin und dorthin dreht. Wir machen unzählige Fotos, schauen und können uns nur schlecht dazu bringen, unserem Tagsziel entgegenzufahren.

Der Wind, der Wind

Der Wind bläst um die Häuserecken, dass es einen aus dem Tritt bringt. Die dichte Hecke, die uns der Campingwart empfohlen hat, hat uns die ganze Nacht vor dem ewigen Flattern der Zeltwände beschützt, das sich auch beim perfekten Aufstellen nicht ganz vermeiden lässt.

Nun aber kommt der Wind direkt von vorne, bremst uns beim Runterfahren und beraubt uns damit der Belohnung für die Anstiege - diese wiederum macht er härter und stellenweise kämpfen wir um jeden Meter. Gegenwind ist charakterbildend, ja. Wird man aggressiv und will die Strecke rasch hinter sich bringen? Oder arrangiert man sich damit und kommt mit raschen Tritten in kleinen Gängen voran? Wir lassen uns nicht aus dem Konzept bringen, ausserdem gibt es so viel zu sehen: Dunkelblaues Meer mit Schaumkronen schwappt an dunkel verfärbte Felsen, trocknendes Seegras leuchtet in Gelb, aus den grünen Matten ragen Steine hervor, die Schafe kann davon nur unterscheiden, weil sie rosa und blau angesprayt sind. Heller Sand, türkisfarbenes Wasser, rosa Fuchsien an den Strassenrändern.

Zu Fuss im Connemara Nationalpark

Da wir bisweilen unterschiedliche Bedürfnisse haben, verbringt Stefanie einen Tag in Clifden, während ich mit dem Bus in den Connemara Nationalpark fahre. Mein Ziel ist der Gipfel des Diamond Hill, immerhin rund 400hm. Allerdings sieht es nicht nach viel Weitsicht aus, als ich loslaufe: die Hügel grau verhängt, ein unangenehm kühler Wind, hohe Luftfeuchtigkeit. Bald klärt sich der Himmel jedoch über dem Meer und als ich mich umdrehe, liegt die Küste vor mir, zerstückelt, mit kleinen Inseln und Felsen, die aus dem Wasser ragen. Dann aber bringt der Wind einen fiesen Kurzregen, die Hose ist sofort durchnässt. Gegen den Gipfel hin beginnt es so stark zu ziehen, dass mit der Wechsel des Untergrunds entgegenkommt. Nun ist es kein gekiester Weg mehr, sondern steiler Fels, gut zu gehen, aber man kann sich auch gut festhalten. Oben bietet sich der Blick nach hinten, zu einem See (Lough) und in ein Tal hinein, das mein Herz hüpfen lässt: Es will diesem Bach folgen, bis dahin, wo er entspringt und auf dem Pass dahinter durch die nächsten Berge steigen...

Berge, Meer und Seen

Der nächste Tag beschenkt uns reich mit Ausblicken auf die Berge, das Meer, die Seen. Schafe blökten am Strassenrand, während ihnen der Wind die langen, etwas schmutzigen Wollfäden gegen den Strich bürstete und überraschend helle, verletzlich wirkende Haut freilegte. Autofahrer*innen zeigten Verständnis, wenn wir am falschen Strassenrand standen, um über den Zaun zu fotografieren. Die Berge wuchsen matt grünlich schimmernd in den Himmel. Das Meer rollte dunkelblau ans ausgefranste Land, bewachsen mit Disteln und Farn und Fuchsien und Ginster und Springkraut. Das Gemüt hat mehr Frieden, das die Pflanzen nicht kennt. Die Seen lagen da mit einer Oberfläche wie gehämmertes Kupfer. Wir fuhren und staunten und fotografierten. Das Gefühl: Dankbarkeit.

Sheeffry Pass

Wir sind zunehmend überfordert mit der Landschaft. Die Kapazität, Schönheit aufzunehmen, ist ausgeschöpft. Langsam fehlen die Wörter, die Superlative sind aufgebraucht. Also schweigen wir und schauen. Und werden belohnt: Nach einer rassigen Abfahrt dem Killary Harbour entlang und aussenrum folgen wir der Strasse zwischen die Hügel. Schafe liegen auf Felsen oberhalb der Strasse und schauen auf uns herunter, wiederkäuend; bisweilen stoppt das rhythmische Malmen für einen Moment und sie starren aus ihren seltsamen Augen zu uns herab.

Dann, auf wenigen Metern über Meer, eine alpartige Landschaft, die schmale Teerstrasse uneben, Schafe zwischen den Grasbüscheln. Endlich keine Zäune mehr!

An einem langgezogenen Lough gibt es überraschend einen Food truck, ein silbern spiegelndes UFO irgendwo im Nirgendwo, das uns Sandwiches und Suppe und Kaffee macht. Aber was wir nicht festhalten, fliegt davon.

Wir folgen dem Eurovelo 1 auf eine noch kleinere Strasse und nun darf mein Herz einem Bach entlang fahren, ins tal hinein. Noch einmal füllen wir unsere inneren Speicher, lassen die Augen den kahlen Hügeln entlang gleiten, sich an der weissen Gischt eines Wasserfalls laben. Es ist so. unfassbar. schön.

Höher und höher treten wir, bis wir auf 190m über Meer den Sheeffry Pass erreichen. Keine Plakette, kein Stein, nur der Wind, der uns entgegenschlägt. Mit dem Pass lassen wir die samtenen Hügel zurück, die alpine Atmosphäre, die kargen Seen und das Staunen darüber. Die Landschaft weitet sich, die Weiden sind grün, offensichtlich drainiert und mit Steinmauern umgehen. Die Häuser haben wieder Carports und Spielplätze, Büsche säumen den Strassenrand. Auf den vor Kurzem gemähten Wiesen sind aber eindeutig vernässte Stellen sichtbar; das Erbe lässt sich nicht verbergen. Wir sind zurück im Farmland und haben das Bogland hinter uns gelassen. Bogland - it was a pleasure!

Durch die Ox Mountains

Nach einigen Tagen zwischen Weiden hindurch und einem Ruhetag mit dem Besuch eines Ablegers des irischen Nationalmuseums in der Nähe von Castlebar rollen wir wieder durchs Bogland. Heute verläuft der Europavelo 1 weitgehend auf dem Wanderweg "Sligo Way". Allerdings ist der Verlauf doch nicht ganz deckungsgleich, wie wir feststellen, als der eben noch holperige Graelweg plötzlich steil und grasig wird - nichts für unsere beladenen Velos. also 4.5km auf dem Geholper zurück... 

Zurück auf der Radroute kämpfen wir mit Höhenmetern und Gegenwind. Wir arbeiten uns ein breites Tal hoch, alles Bogland mit Sprenkeln von Schafen in der Ferne. Kahle Hügel am Horizont, dann und wann eine Steinmauer. Die Kanten alter Torfabbaustätten sind gut erkennbar. Noch ein Hügel und noch einer, manchmal müssen wir schieben. Dann sind wir oben, schauen weit übers Bogland hinaus, in der Ferne sehen wir das Meer. 

Zum Abschluss folgen wir einer gewundenen Küstenstrasse und erreichen schliesslich die Beach Bar am Aughris Head, am Rand einer runden Bucht, an deren Sandstrand die Wellen hinrollen wie die letzten Millionen Jahre. 

Ziemlich fertig finden wir in einer Ecke des Pubs einen ruhigen Tisch und lauschen einer Gruppe Männer, von denen wir nicht sicher sind, ob sie Englisch oder Irisch sprechen. Dass sie dabei die Münder nicht recht aufmachen und wohl die einen oder anderen Zähne fehlen, hilft nicht. Dann nur noch essen, trinken, duschen, schlafen. 

Zu Fuss auf dem Sligo Way

Für einen Overnighter gehe ich zu Fuss auf den Sligo Way. Der Bus bringt mich nach Collooney und ich steige als erstes auf den Union Rock. Von dem flachen Felsen sehe ich auf das umliegende Land und die Küste hinunter. Runter, über eine Strasse und dann hoch ins Bogland. Die moorige Landschaft bedeckt den ganzen Hügelzug. Heidekraut, Gras, dazwischen die weissen Büschel des nässeanzeigenden Wollgrases. Hie und da ragt ein nackter Fels aus dem Bewuchs. Jeder Schritt abseits des Weges straft mit nassen Schuhen. Mein Herz kommt an, mein Schritt verlangsamt sich, hier will ich sein.

Die Luft wird kühler, das Licht schwächer und wechselt von grau zu violett. Im Tal, weit unten, gehen die ersten Lichter an. Fürs Abendessen setze ich mich auf einen Felsen und schaue der Dämmerung beim Fallen zu. Als der Abstieg beginnt und wieder Bäume wachsen, schlage ich mein Nachtlager bei einem Picknicktisch auf. Leider hat mein Mückenschutznetz für den Kopf zu grosse Maschen und die kleinen "midges" stören mich die ganze Nacht... 

Um kurz nach vier habe ich die Schnauze voll von den Plagegeistern und packe zusammen. Im Licht der Stirnlampe folge ich der steilen Kiesstrasse ins Tal und lande am Lough Gill. Ruhig liegt das Wasser im Licht der aufgehenden Sonne da. Am anderen Ufer sehe ich erstes menschliches Leben: fahrende Autos. Einige Kilometer road walk bringen mich nach Dromahair, wo ich im Laden einen Kaffee und ein Frühstück bekomme, bevor mich der Bus zurück nach Sligo bringt.

Ruhetage in Sligo

Die grösste Stadt im irischen Nordwesten liegt am Garavogue River und lässt sich gut für einige Tage aushalten. Wir besuchen das Kunstmuseum und lassen uns von einigen überraschenden Installationen und Bildern berühren. Ein Spaziergang führt an verschiedenen Mauergemälden vorbei. Ausserdem lernen wir mehrere spannende historische Persönlichkeiten kennen:

  • Constance Markievicz (Politikerin, Revolutionärin, Nationalistin, Suffragette und erste Frau, die ins Parlament von Westminster gewählt wurde)

  • Die Yeats Geschwister: Der Dichter William Butler Yeats gewann einen Nobelpreis. Die preisgekrönte Designerin und Stickerin Susan Mary Yeats gründete mit ihrer Schwester, der Pädagogin und Verlegerin Elisabeth Corbet Yeats, die Dun Emer Press, wo sie mehrere Werke ihrer Brüder veröffentlichten. Sowie den Maler Jack Butler Yeats, bekannt für Szenen aus dem Alltagsleben und von Reisenden. 

  • Charlotte Stoker, die Mutter des Autors von "Dracula", Bram Stoker, wuchs in Sligo auf und erlebte die Choleraepidemie im Jahr 1832. Es heisst, dass sie dadurch ziemlich traumatisiert wurde und dass ihre Erzählungen die Geschichte von Dracula beeinflusst haben.

Südwärts

Mauern und grosse Eingangstore, dahinter weite Rasenflächen und ein Haus. Hie und da ein Blick auf ein Lough, mit runden bewaldeten Inseln wie Stecknadelkissen. Carrick-on-Shannon bietet uns ein Cafe und dann wird das Wetter wärmer und heller. Wir bemerken, dass der N4 entlang ein Radstreifen führt und beschliessen, etwas abzukürzen. Auf einer grossen Strasse mit Abstand zum Verkehr dahinzurasen, ist so etwas wie das guilty pleasure des Tourenradelns. Man will doch kleine Strassen, ruhig und vekehrsarm, schöne Landschaften... Dennoch hat das rauschhafte Dahinbrausen bei 20 km/h etwas Wunderbares. Die Autos flitzen an uns vorbei, wir fahren auf einem breiten Seitenstreifen, guter Teer, kein Glas. Die Strasse geht leicht hoch, dann leicht runter, links zieht die Landschaft vorbei, von der wir jetzt nicht mehr jeden Grashalm mitnehmen, sondern nur noch Kategorien: Hecke, Wiese, See. Die Kilometer schmelzen nur so dahin. Nach gut 20 Minuten ist der Spuk auch schon wieder vorbei, wir biegen ab. Lästigerweise ist der Rest der Fahrt auf einer Strasse mit dreistelliger Nummer erheblich unangenehmer und gefährlicher. Wir haben keine eigene Spur, der Strassenrand weist Löcher auf und es ist der Geduld und dem Verständnis der Person am Steuer überlassen, ob sie uns gefährdet oder nicht.

Der letzte Abend im Zelt gibt alles: warm, blauer Himmel, Sonne, kaum ein Lüftchen kräuselt die Oberfläche des Loughs, an dem wir zelten. Wir essen draussen und spazieren danach runter an die glatte, blaue Wasserfläche.  

Abschied mit dem Duft des Mädesüss

Der letzte Fahrtag schenkt uns in der ersten Hälfte ruhige Nebenstrassen. Ich spüre den Untergrund vom festgefahrenen Kies auf smoothen Teer wechseln. Und zurück. Am Strassenrand verströmt Mädesüss einen leichten Duft. Der Wind in meinem Ohr. Unter mir arbeiten die Beine wie die Kolben einer Maschine.

Auf der grösseren Strasse danach beträchtlicher Verkehr, Lastwagen. Der Strassenrand holperig, alles ist eng. Zwar sind die meisten geduldig, aber es ist trotzdem unangenehm, beim Hochfahren einen Lastwagen im Nacken zu haben. Die Anzahl Kilometer schrumpft. An einer Baustelle führt ein erstaunlich schön gemachter Radweg vorbei. Dann sind wir da: Longford. Von hier bringt uns der Zug zurück nach Dublin.

Informationen zur Tour durch Westirland

Der Zug brachte uns von Dublin nach Galway (ca. 2h, ca. 30 Euro für zwei Personen, die Fahrräder sind gratis, man muss sie aber angeben). Von dort aus folgten wir grob der folgenden Route: Galway, Aran Islands, Clifden, Westport, Ballina, Ox Mountains, Sligo, Longford.

Der Eurovelo 1 führt weitgehend über den "Wild Atlantic Way", wo er davon weggeht, lohnt sich die Landschaft sehr.

Die Strassen sind oft eng, gewunden und von Hecken eingefriedet. das macht die Sicht schlecht und manchmal hängen Dornenranken in die Strasse hinein. Moderne Autos haben kaum Platz in ihrer Fahrbahn. Deshalb fuhren wir immer mit Leuchtwesten und schauten oft in den Rückspiegel. Um Juni/Juli 2024 war touristisch wenig los und entsprechend waren wenige Campervans und Mietautos mit den Linksverkehr nicht gewohnten Tourist*innen unterwegs. Deshalb hatten wir wenige heikle Situationen, die Einheimischen in ihren Bussen, Lastwagen und Pickups haben fast immer geduldig gewartet, bis sie uns mit grossem Abstand überholen konnten.

Wir haben uns in dem Monat in Irland mindestens vegetarisch ernährt. Das war auch kein Problem. Pubs hatten immer mindestens eine vegetarische Option (z. B. ein Curry), manchmal auch einen veganen Burger. Bekamen wir in den Unterkünften Frühstück, konnten wir auch immer eine vegetarische Option bestellen. In allen Coffee Shops bekamen wir Hafermilch (oder Soja oder Kokos). In den Supermärkten fanden wir ebenfalls Hafermilch für unser Frühstück.

Wir fanden keine Unterkünfte unter 100 Euro pro Nacht für ein Doppelzimmer. In Dublin war es schwierig, welche unter 200 Euro zu finden. Davon abgesehen waren es aber immer schöne Zimmer mit guten Betten. Besonders geschätzt haben wir natürlich die "tea making facilities", die wir ausgiebig genossen.

Der Eurovelo 1 ist nur sehr sporadisch ausgeschildert. Dem auch für Autos geltenden "Wild Atlantic Way" kann man gut folgen, sollte aber wissen, wann der Eurovelo davon wegführt. Deshalb lohnt sich eine Karte resp. App auf jeden Fall. 

Wir haben rund die Hälfte der Nächte gezeltet. Die Campingplätze nehmen in den meisten Fällen Zelte auf und haben oft eine Küche oder gar einen Aufenthaltsraum. Da es im Juni/Juli 2024 kälter und nässer war als üblicherweise zu der Jahreszeit (sagten die Einheimischen), haben wir das sehr geschätzt. Preislich lagen die Zeltplätze zwischen 13 und 64 Euro pro Nacht für 2 Personen.

Hin und wieder meinte jemand, wir könnten ja auch "irgendwo" zelten, was bestimmt möglich ist. Allerdings sind viele Weiden mit Tieren bestossen, Waldeingänge zum Teil videoüberwacht und sehr viel privates Land. Daher haben wir davon abgesehen. 

Stefanie kam mit der Fähre von Holyhead/Liverpool, ich von Zürich mit Ryan Air. Das Fahrrad muss man separat telefonisch anmelden und kostet 50 Euro pro Flug.